Ein Flüchtling kehrt in seine - zerstörte - Heimat zurück
Ein Deutsch-Afghane sucht seine Identität
Eine schwierige Vater-Sohn-Annäherung
Das Buch im Verlag LangenMüller
Mein Vater, unser altes Haus, die zerstörte Stadt, die Erinnerungen, die nicht mit dem übereinstimmen, was ich sehe und höre, und doch -
Ein altes afghanisches Sprichwort sagt: Der Himmel ist ein Taschenspieler - das Schicksal täuscht uns immer wieder. Das muss auch Mahboob erfahren, als er nach über zwanzig Jahren aus Frankfurt nach Kabul zurückkehrt und dort auf seinen Vater trifft, den er seit der Flucht 1979 nicht mehr gesehen hat. Fragen bedrängen den jungen Mathematiker: Wieso wurde die Familie getrennt? Und was geschah mit seiner Schwester Aziza? Mahboob taucht immer tiefer ein in diese fremde und doch vertraute Welt. Die Berliner Autorin Tanja Langer und der afghanische Entwicklungshelfer David Majed erzählen in ihrem gemeinsamen Roman „Der Himmel ist ein Taschenspieler“ eine zutiefst berührende deutsch-afghanische Familiengeschichte.
Die Rückkehr nach Kabul, in die Stadt seiner Kindheit, ist schwieriger als gedacht: das Haus der Familie ist verfallen, der Vater ein gebrochener Mann. Mahboob beginnt, um den Wiederaufbau seiner alten Schule zu kämpfen, sucht nach verschwundenen Menschen, die er liebte – und ist gleichzeitig auf der Suche nach sich selbst. Vor dem Hintergrund der Geschichte Afghanistans von den freien Siebziger Jahren bis zum Wiederaufbau nach dem Abzug der Taliban spannt sich dieser große Familienroman auf der Suche nach einer eigenen, "dritten" Identität eines Menschen, der zwei kulturelle Identitäten in sich zu vereinen sucht.
Der Vater-Sohn-Konflikt, der überall auf der Welt stattfinden könnte, ist geprägt von mehreren kulturellen Rissen, die hier durch die einzelnen Menschen geht, durch die Familien, nicht nur das Land. Wie kann unter diesen Umständen überhaupt eine Nähe entstehen, wenn doch jeder Satz von Misstrauen und Missverständnissen bedroht ist? Was heißt es, zwanzig Jahre den eigenen Vater nicht gesehen zu haben?
Im Jahr 2014, in dem Afghanistan durch die Präsidentschaftswahlen und den Abzug der Bundeswehr wieder im Fokus steht, zeigen uns Tanja Langer und David Majed ein überraschend anderes Afghanistan. Wer sind die Menschen, die das aufbauen, was andere zerstörten? Wie gehen Menschen mit ihren Verletzungen durch den Krieg um? Was macht ein Schuldirektor, der ständig neuen Besatzern begegnet? Was eine engagierte Krankenschwester, deren halbe Familie verschwunden ist? Warum zieht eine junge Frau in den Siebzigern es vor in Afghanistan zu bleiben? Wie zieht eine Frau aus Afghanistan, von Mann udn Tochter getrennt, ohne genaues Wissen über ihren Verbleib, ihren Sohn in Frankfurt am Main allein groß, in den Achtzigern? Worüber wird bei ihnen gelacht, worüber wird nie gesprochen?
Tanja Langer / David Majed
Der Himmel ist ein Taschenspieler
384 Seiten
€ 19,99 / [A] € 20,60 / sFr 29,90
ISBN 978-3-7844-3342-4
LangenMüller, 10. März 2014
http://www.herbig.net/dynamic/finden.html?tx_ttipcshop[swords]=taschenspieler&search=los!
Ein Aspekt des Romans: Die "Zivilisten"
Manchmal hatte der Vater im Schlaf geschrien, und Mahboob war davon hochgeschreckt. Wenn er nach ihm sehen wollte, hatte der alte Mann ihn fortgejagt, lass mich, geh weg, es war ihm peinlich. An manchen Tagen war der Vater rast- und ruhelos durch das Haus gegeistert, dann hatte er seinen Stock gegriffen und war verschwunden. (Zitat aus dem Taschenspieler, S. 270)
In unserem Roman erzählen verschiedene Menschen Mahboob, der es wissen möchte, von ihren Erlebnissen in den Jahren, in denen er selbst nicht in Afghanistan lebte: zwischen 1979 und 2002. Sowjetische Besatzung, Talibanzeit - zwanzig Jahre Fremdherrschaft und Krieg, u.a.:
Der Lehrer Faruq, der erlebte, wie seine Schule bombardiert wurde, wie Kinder getroffen umfielen, wie er versuchte, sie zu retten.
Mahboobs Tante Farida, die sich als Krankenschwester den Widerstandskämpfern unter der Führung von Shah Ahmed Massoud im Panjirtal anschloss.
Mahboos Vater selbst, der mehrere Jahre im Gefängnis verbrachte, in dem ihm der einzige Trost ein kleines Buch mit Gedichten von Rumi war.
Von allen wird erzählt, wie sie weiter leben konnten - nach den Schüssen, nach den Bombardements, nach dem Verlust geliebter Menschen.
Wie sie dann wieder aufbauen, was andere zerstörten.
Der Roman ist auch eine Hommage an genau solche Menschen. Von ihren Mühen, ihren kleinen Schritten erzählen wir. Ein Buch über - "die Zivilisten".
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